Das Gemälde „Surreale Szene mit Krug und Dominosteinen“ (1918, Öl auf Karton, 27 × 35 cm) von André Evard stellt eine deutliche stilistische und atmosphärische Abgrenzung zur gleichzeitigen Stilllebenserie „Krug mit Äpfeln I–III“ dar. Obwohl der Krug als zentrales Motiv auch hier wiederkehrt, ist die Komposition ungleich komplexer, rätselhafter und in ihrer Bildwirkung deutlich dunkler und symbolischer angelegt.
Im Zentrum des Bildes befindet sich ein bauchiger Krug, der sich — in einer unmöglichen Balance — auf seinem schmalen Hals stehend über einer Tischplatte erhebt. Dieses Motiv der verkehrten Aufstellung erzeugt eine surreale Spannung und hebt das Objekt aus der natürlichen Ordnung heraus. Der Tisch selbst ist von verstreuten Dominosteinen übersät, deren mathematische, spielerische Ordnung im Gegensatz zur instabilen Krugposition steht. Die Dominosteine erinnern dabei nicht nur an Kindheit oder Spiel, sondern lassen auch an Fragen von Zufall, Ordnung und Struktur denken — Themen, mit denen sich Evard zeitlebens künstlerisch beschäftigte.
Der Hintergrund öffnet sich in eine angedeutete Innenraumszene, die eine psychologisch aufgeladene Atmosphäre evoziert: Ein Fenster, das diffuses Licht einlässt, eine spaltbreit geöffnete Tür, die an Übergänge und Möglichkeiten denken lässt, sowie ein umgestürzter Stuhl, der auf ein vorausgegangenes Ereignis oder eine Störung verweist. Diese Bildelemente erzeugen eine Erzählstruktur, die sich der Betrachterin oder dem Betrachter nicht unmittelbar erschließt, sondern vielmehr eine Vielzahl möglicher Deutungen offenlässt.
Die Farbpalette ist im Gegensatz zur „Krug mit Äpfeln“-Serie stark gedämpft, dominiert von dunklen Braun-, Grau- und Grüntönen, die die surreale, fast traumhafte Szene unterstreichen. Lichtreflexe und Schattenzonen sind.